Mein Name ist Zoé und ich habe ein Auslandsjahr in Norwegen gemacht, als ich 16 war. Leider wurde es wegen der Corona-Pandemie auf 7 Monate gekürzt und ich bin verfrüht zurückgekommen. Die Erfahrungen, die ich gesammelt habe und was ich über mich selber gelernt habe, ist aber trotzdem mehr Wert, als ich je werde in Worte fassen können. Es lohnt sich alle Mal. ^^
Was solltet ihr wissen über: Zeitraum, Kosten und Vorbereitung?
Ich bin gefahren, als ich gerade die 10. Klasse abgeschlossen hatte und habe also die 11. Klasse (die EF) in Norwegen verbracht. Ich für meinen Teil bin eine Klasse übersprungen, was möglich ist, wenn man in allen Fächern mindestens eine Note besser ist als erfordert. Es ist aber auch möglich sozusagen ein Jahr auszusetzen und dann nachher da weiter zu machen, wo man aufgehört hat.
Es gibt verschiedenste Organisationen, die einen solchen Auslandsaufenthalt anbieten. Das Länderangebot ist bei allen unterschiedlich, sowie die Preise, die Stipendien und das was in dem Paket, was man buchen würde, mit dabei ist. Die sogenannten Leistungen sind zum Beispiel Hin – und Rückflug, verschiedenste Vorbereitungs – oder Nachbereitungstreffen; vielleicht sogar Treffen während des Aufenthalts. Die Versicherungen werden meistens mit von den Organisationen übernommen. Die Leistungen können entweder mit in den Kosten sein oder müssen bzw. können mit dazu gebucht werden. Ich würde raten, sich verschiedenste Organisationen raus zu suchen und aufzuschreiben, was bei jeder einzelnen angeboten wird und wie viel es kostet.
Die Organisation mit der ich gefahren bin, heißt AFS (es gibt aber auch noch YFU und andere) und ich war und bin immer noch sehr zufrieden. Ich habe für ursprüngliche 10 Monate mit Treffen zur Vorbereitung, Nachbereitung und während des Auslandsaufenthalts, eine übernommene Versicherung und die Flüge 8.500 € bezahlt. Es finden sich aber viele Stipendien, die Teile oder sogar die ganze Summe bezahlen.
Informiert Euch lieber frühzeitig, weil der ganze Papierkram echt viel ist. ; )
Wie geht das mit dem Bezahlen im Auslandsjahr?
Je nachdem wo Ihr hin wollt, solltet Ihr auch noch Geld für Ausstattung, also zum Beispiel Kleidung etc. mit ein planen. Bei vielen Organisationen steht noch was von monatlichem Taschengeld, das ihr zu Verfügung haben solltet. Meist wird eine Summe vorgeschlagen und wundert Euch nicht, die ist höchstwahrscheinlich höher als das Taschengeld was ihr momentan bekommt. Das liegt daran, dass ihr von Eurem Taschengeld hier in Deutschland vielleicht mal ins Kino geht oder Euch was Süßes kauft, während des Auslandsjahres braucht Ihr das Geld aber auch für Schulausrüstung, Essen in den Pausen oder mit Freunden, neue Kleidung oder sogar ein Arztbesuch (Das Geld dafür bekommt Ihr aber ggf. wieder zurück, kommt auf die Organisation und das sogenannte Gastland an). Außerdem ist die vorgeschlagene Summe noch davon abhängig, ob Ihr in ein teures oder eher günstigeres Land reist. Wenn Ihr in ein Land der EU wollt, werdet Ihr dort, wie auch hier mit Euros bezahlen, da verändert sich vermutlich dann nicht so viel. Falls Ihr aber in ein Land mit einer anderen Währung reist, dann kann es sein, dass der Euro dort mehr oder weniger Wert ist als die jeweilige Währung. Ein Euro ist zum Beispiel 10 norwegische Kronen und damit mehr wert; Ihr bekommt mehr Kronen für einen Euro als ihr Euro für eine Krone bekommen würdet. Gleichzeitig können aber verschiedenste Artikel in den verschiedensten Ländern mehr oder weniger kosten als hier in Deutschland.
Wie finde ich eine nette Gastfamilie in der ich mich wohlfühle?
Habt ihr schon mal von Gastfamilien gehört? Das sind die Familien, die gerne einen Menschen aus dem Ausland für einen bestimmten Zeitraum aufnehmen. Die zu finden, ist auch Aufgabe der Organisation. Bei mir hat die Suche sehr lange gedauert. Ich sollte eigentlich am 16.08.2019 nach Norwegen reisen, konnte aber erst zur „2. Abreise“ am 06.09 fahren, weil sich noch keine Gastfamilie gefunden hatte. Es gab sogar Jugendliche, die noch länger warten mussten. Wenn das bei euch der Fall seien sollte, lasst Euch sagen:
Es hat nichts mit Euch zu tun! Es gibt verschiedenste Gründe warum es schwierig ist eine Gastfamilie zu finden, aber keiner hat damit zu tun, dass ihr nicht gut genug seid! Merkt Euch das!! ^^
Apropos Gastfamilie, meine war wunderbar, da hatte ich echt Glück! Ich habe noch jetzt ein gutes Verhältnis zu ihnen und möchte sie so schnell wie möglich wieder besuchen. Sie waren während dieser Zeit mein Ankerpunkt und ich konnte sie wegen allem Möglichen fragen. Wenn das bei Euch nicht der Fall ist und Ihr Euch streitet oder Euch einfach unwohl fühlt in bestimmten Situation, wegen einem doofen Kommentar oder einem bestimmten Verhalten Euch gegenüber, dann rate ich erst mal das Gespräch zu suchen. Es kann sein, dass es ein Missverständnis ist. Das ist aber völlig normal, immerhin befindet Ihr Euch in einer völlig fremden Umgebung und kennt die Kultur und somit die Umgangsweisen nicht, die Konventionen; Ihr wisst nicht wie Ihr Euch verhalten sollt. Also erstmal reden und wenn Ihr nicht wisst wie Ihr das Thema ansprechen sollt oder wie Ihr Euch in einer solchen Situation am besten verhaltet, sprecht mit Mitgliedern Eurer Organisation aus dem Gastland, mit neu gewonnenen Freunden oder vielleicht sogar Lehrkräften aus Eurer Gastschule. Falls es trotzdem nichts bringt oder Ihr einfach merkt, dass Ihr nicht zu Eurer Gastfamilie passt, gibt es bestimmt eine Möglichkeit Euch zu helfen. Vielleicht sogar die Gastfamilie zu wechseln. Das ist nichts Schlimmes, manchmal verstehen sich Menschen einfach nicht. : )
Was erwartet mich in einem anderen Land?
Wie schon gesagt, seid Ihr in einem anderen Land. Das bedeutet, dass Ihr einer anderen Kultur begegnet mit Euch vielleicht unbekannter Musik und Essgewohnheiten. Die Sprache ist anders und Ihr versteht nicht direkt alles. Am Anfang kann man vielleicht nicht mal mehr die einzelnen Sätze, geschweige denn Wörter aus einander halten. Die Menschen um Euch herum haben eine andere Körpersprache, verhalten sich anders. Ihr versteht die Witze nicht und Ihr fühlt Euch unsicher. Vielleicht hört Ihr einen Kommentar und fühlt Euch beleidigt. Es ist alles neu und unbekannt, vielleicht sogar etwas beängstigend.
Versucht aber nicht darüber zu urteilen. Eure Lebensweise ist nicht unbedingt schlechter oder besser, als die Eures Gastlandes. Sie ist einfach nur anders. Wir sind alle unterschiedlich. Selbst in den Ländern, die unser Zuhause sind, in denen wir groß geworden sind, unterscheiden wir uns voneinander. Diese Diversität ist wunderbar und sorgt dafür, dass wir unterschiedliche Individuen sind, dass wir eine eigene Identität haben; wir sind eben nicht alle gleich.
Lasst Euch noch einen anderen Rat von mir mitgeben: Ihr seid nicht die einzigen, die mit einer anderen Kultur konfrontiert werden. Eure Gastfamilie, eure Freund*innen, Schulkamerad*innen und Lehrer*innen haben vermutlich auch noch nie mit jemandem aus Deutschland zusammengelebt. Es ist auch neu für sie. Sie wissen vermutlich auch nicht, wie sie mit Euch umgehen sollen, was Ihr als beleidigend versteht und was nicht. Vielleicht habt Ihr sie ja sogar schon beleidigt ohne Euch darüber im Klaren zu sein. Behaltet das einfach im Hinterkopf. : ))
Das sollte Euch aber nicht davon abhalten alles mit zu nehmen was geht! ; )
Was kann ich Neues erleben?
Genießt die Zeit dort und probiert einfach mal alles. Das geht besonders gut, weil Euch da ja keiner kennt. Es gibt kein bereits festgestampftes Bild von Euch in den Köpfen von anderen. Die sehen Euch gerade das erste Mal. Ihr könnt Euch also nochmal komplett neu erfinden, eine ganz neue Person sein. Testet Euch selber aus. Wo sind Eure Grenzen? Natürlich solltet Ihr bei sowas nur das tun, womit Ihr Euch wohl fühlt. Ich zum Beispiel habe bei einer Familie gelebt, wo einige Mitglieder gejagt haben und als ich gefragt wurde, ob ich nicht mal mitkommen wollte, habe ich nein gesagt. Ich hatte mich damit nicht wohl gefühlt. Bei anderen Gelegenheiten, zum Beispiel Schneebaden oder Langlaufski war ich mit Freude dabei. Oh, wisst Ihr was? Ich war sogar mal dabei als eine Gruppe Samen (das ist das indigene Volk Skandinaviens) eine Herde Rentiere nach Norden geführt und dabei bei uns in der Nähe ein paar Nächte gerastet hat. Das sind so Momente, die ich froh bin erlebt zu haben und ich würde es genauso wieder machen!
Sind die Schulnoten im Auslandsjahr wichtig?
Was ich aber auf jeden nicht nochmal machen würde, ist sich zu viele Gedanken machen wegen den Schulnoten. Ich war die ganze Zeit so besorgt und habe mich selbst gestresst, dabei zählten meine Noten aus Norwegen nicht mal mehr, weil 1. ich einen Jahrgang übersprungen hatte und 2. es ein anderes Schul – und Benotungssystem war. Es ist zwar ein Schulisches Austauschprogramm, aber das heißt nicht, dass Ihr die besten Noten haben müsst oder nicht auch mal bei Euren Lehrer*innen nachfragen könnt, ob Ihr einen Tag beurlaubt werden könnt, wegen eines Urlaubs mit der Gastfamilie. Ihr seid ja schließlich nicht da wegen Eurer Schullaufbahn, sondern weil Ihr ein Land kennenlernen wollt. x D
Das Auslandsjahr: das beste Jahr ever?
Was mir im Nachhinein noch aufgefallen ist, ist dass ich ziemlich viele Erwartungen hatte. Ich wollte unbedingt, dass es das beste Jahr ever wird und ich ganz schnell Freunde finden würde. Ich dachte aus einem unerfindlichen Grund auch, dass ich dort Deutsch sprechen würde. Wie Ihr Euch sicher denken könnt, war das nicht so und ich habe das dann auch gemerkt, nach dem ich mich den Großteil des ersten Tages auf Englisch unterhalten habe, weil ich nur „Danke“ und „Bitte“ auf Norwegisch konnte. Es wurde auch nicht das beste Jahr meines Lebens. Ich habe mich tatsächlich die meiste Zeit nicht wie ich selber verhalten und gefühlt. Viele Sachen habe ich gemacht bzw. nicht gemacht, wo ich jetzt nur meinen Kopf schütteln kann, wenn ich daran denke. Aber das ist okay. Ich habe ja auch wunderbare, fast unbeschreiblich faszinierende Sachen gesehen und bin auf viele Entscheidungen, die ich getroffen habe sehr stolz. Aber vor allem habe ich während dieser sieben Monate sehr viel über mich gelernt und kann jetzt vergangene Situationen besser annehmen und zerbreche mir nicht den Kopf darüber. Ich wäre jetzt nicht die Person, die ich heute bin, wenn ich nicht in Norwegen gewesen wäre und nicht das gemacht hätte, was ich gemacht habe. Oder doch? Wer weiß? … Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich etwas zugenommen hatte, als ich wieder in Deutschland ankam. Aber auch das ist nicht ungewöhnlich. Es gibt immerhin andere Gerichte und Essgewohnheiten, die man natürlich alle probieren möchte und an die man sich auch erstmal gewöhnen muss. Deswegen habe ich auch das meiste Geld für Essen ausgegeben. ; ) Aber das tut jetzt nichts zur Sache.
Was ich damit sagen möchte, ist, dass Ihr nicht zu viel erwarten solltet. Weder von Euch selbst, noch von anderen. Lasst Euch lieber einfach überraschen. Euer Zimmer, wenn Ihr denn ein eigenes habt, könnte ganz anders aussehen, als in Euren Vorstellungen. Vielleicht findet Ihr nicht so schnell Freunde, wie Ihr (und ich ja auch) gedacht hattet. Bei mir war es so, dass die Norweger*innen, zumindest in der Stadt, eher distanzierter sind. Sie hatten schon festbestehende Freundesgruppen und es brauchte ganz viel Geduld und Durchhaltevermögen Meinerseits, sich einzugliedern. Es wird als unhöflich betrachtet, sich neben jemanden Unbekannten zu setzen ohne zu fragen, ob der Platz frei ist. Das heißt ich habe innerlich Freudensprünge gemacht, wenn sich jemand zu mir gesetzt hat ohne zu fragen. Ich wusste, wir waren uns etwas nähergekommen.
Eine andere Sache, von der ich wünschte, ich hätte sie vorher begriffen, ist eigentlich ziemlich simpel: Es ist ok nicht alles auf Anhieb zu können! Das hängt auch wieder mit meinen Erwartungen zusammen von denen ich wohl einfach zu viele hatte ; )
Gebt Euch selbst die Zeit Euch einzuleben und zu akklimatisieren. Es ist okay, wenn Ihr auch nach 6 Monaten noch nicht alles in der neuen Sprache versteht und immer noch nachfragen müsst. Keine Sorge, Heimweh nach 3 Monaten ist ebenso normal wie nach der ersten Woche oder wenn Ihr schon in zwei Tagen nach Hause fahrt. Ihr seid Euer eigener Maßstab. Versucht Euch nicht nach anderen zu richten.
Das Wichtigste zum Schluss
Eine Sache noch, dann bin ich zufrieden und habe das Gefühl Euch die wichtigsten Tipps und Ratschläge mitgegeben zu haben. Auch wenn mir vermutlich gleich noch einige mehr einfallen werden.
Ihr seid verdammt mutig Euch auf so ein Abenteuer einzulassen und in ein fremdes Land zu fahren, wo Ihr niemanden kennt, vielleicht die Sprache fremd ist und Ihr keine Ahnung habt wie Ihr mit wem umgehen sollt. Ich denke mir jetzt mal, dass Ihr auch eine Portion Neugierde mitbringt, immerhin gibt es ganz viel Neues zu erkunden. Ihr könnt ganz schön stolz auf Euch sein, so etwas zu wagen. Ich weiß noch als ich zurückgekommen bin, hatte ich das Gefühl Alles zu schaffen.
Lasst Euch auch nicht davon abhalten, dass sich höchstwahrscheinlich einiges verändert hat, wenn Ihr wieder in Deutschland seid. Bei mir hatte sich mein alter Freundeskreis fast komplett aufgelöst. Ich hatte mit vielen über das Jahr hinweg kaum Kontakt gehabt. Manche andere sind geblieben oder es haben sich neue Freundschaften aus alten Bekanntschaften entwickelt. Auch in der Familie hatte sich einiges verändert. Ich konnte es nicht ganz beschreiben, aber es war einfach anders. Im nach hinein kann ich auch sagen warum: Ich hatte mich verändert, ich war gewachsen. Meine Familie und Freunde hatten sich verändert. Das passierte ja sonst auch, der einzige Unterschied jetzt war nur, dass wir uns nicht zusammen, sondern getrennt von einander verändert hatten. Da muss man sich auch erstmal wieder dran gewöhnen und gucken, wie der Hase läuft.
Nichts desto trotz kann ich aber, wie auch am Anfang erwähnt sagen, dass es sich auf jeden Fall gelohnt hat und ich es ohne zu zögern wieder tun würde!